Strafen
Erfurt 10"
Herford 10"
Schüsse
Erfurt 29
Herford 23
Tore
Erfurt J. Kiss, H. Reed
Herford T. Sticha 2, J. Pierson 2, U. Berezowskij, Y. Walch, P. Woltmann
Zuschauer
780
Desaster bringt den Trainer auf die Palme
„Eine blutleere Vorstellung. Keine Laufbereitschaft, keine Körpersprache. Das schlechteste Spiel, seit ich hier Trainer bin“. Ein vernichtendes Urteil. Formuliert von Drachen-Coach Sebastian Wolsch nach dem desaströsen Auftritt seiner Mannschaft gegen die anderen Drachen, die aus dem westfälischen Herford. Ein 2:7 auf der Anzeigetafel drückte den 780 Zuschauern schmerzhaft ins Bewusstsein, was sie sich da in drei katastrophalen Dritteln haben antun lassen müssen.
Wolsch als Sorgenonkel? Nein. Eher als Mahner und Übungsleiter einer Mannschaft - selbst dieser Begriff taugte am Sonntagabend nur bedingt - die offenbar nicht verinnerlich hat, was er ihnen die Woche über beizubiegen versuchte. Kann man das 3:5 vom Freitag bei den Tilburg Trappers noch als erwartbar verbuchen, hatte jedoch keiner der Fans in der Kartoffelhalle - die vier mitgereisten Herforder Fans mal ausgenommen - mit so einem Debakel im Drachen-Duell Zehnter gegen Neunter gerechnet. Dementsprechend auch die Atmosphäre während des Spiels. Manch einer war regelrecht konsterniert über das, was ihm seine TecArt Black Dragons anzubieten wagten. Zeitweise herrschte betretene Stille.
Ohne Bumms, ohne Zweikampfhärte, ohne Ideen und ohne den erkennbaren Willen, bloß nicht am Ende die rote Laterne der Oberliga Nord überreicht zu bekommen, plätscherte Drittel Nummer eins dahin. In dem auch die Gäste keine Bäume ausrissen, aber dennoch mit einer 2:1-Führung in die Kabine gingen. Wo waren die gestandene Männer im Drachen-Dress? Wo übten sie ihre Führungsrolle aus, um den „Jungschen“ wenigstens so etwas wie ein Handlungsgerüst mitzugeben? Da kam nichts. Entsprechend schlimm sah es sich auch an. Das 0:1 in der siebenten Minute könnte als schlechtes Beispiel in die Lehrbücher eingehen. Gegenwehr? Keine. Jackson Pierson dankte. Joe-Richard Kiss wollte das so nicht stehen lassen. 1:1 drei Minuten später. Freilich erst nach langer Video-Begutachtung durch die Referees, die nicht sicher waren, ob die Scheibe hinter der Linie war, bevor sie ein Herforder heraus drosch. Tor zählte. Die Freude hielt auch hier nur drei Minuten. Konter Herford - wieder Pierson. 1:2. „Kämpfen. Erfurt, kämpfen“ sangen die Drachen-Fans schon zu diesem frühen Zeitpunkt, weil ihnen Böses schwante. Sie sollten mit ihren Befürchtungen recht behalten.
Denn Erfurt kämpfte auch im zweiten Drittel nicht. Zumindest nur ein bisschen. Kaum Impulse. Nichts. Im Gegenteil. Erfurts Torwart Patrick Glatzel, der im letzten Drittel Platz für Justin Spiewok machen musste, rettete großartig gegen den allein auf ihn zulaufenden Leon Köhler (22.) und verhinderte das 1:3. Herford gelang es aber auch danach mit einfachen, aber sauber angelegten Spielzügen immer wieder für Gefahr vor dem Drachen-Kasten zu sorgen. In der 27. Minute war es aber soweit. Ulib Beresowskij verwertete einen Rebound aus Nahdistanz zum 1:3. Sieben Minuten später bedankte sich der Gast für ein klassisches Fehlabspiel eines Erfurters mit dem 1:4. Philip Woltmann nahm die Einladung gern an. Und als wäre es nicht genug gegen die saft- und kraftlosen Gastgeber, traf Yannis Walch zum 1:5 (39.). Deckel drauf. Die Drachen kriegten nichts auf die Reihe. Selbst Überzahlspiele versandten.
Im letzten Durchgang ging es nur noch um Schadensbegrenzung. Doch das Desaster nahm noch schlimmere Formen an. Am Wollen lag es nicht, aber wohl am Können. Die statistisch-numerischen Vorteile brachten nichts Zählbares. Neben vertändelten Chancen, war da noch der Herforder Keeper. Das war’s dann mit der zaghaften Gegenwehr.
Und das Debakel nahm noch schlimmere Formen an. Timo Sticha demonstrierte, wie einfach es gehen kann. Einfach mal aufs Tor schießen - 1:6 (55.). Das 2:6 durch Harrison Reed (58.) - ein Muster ohne Wert. Pech, als Youngster Nils Herzog kurz darauf in Unterzahl die Scheibe nur Zentimeter knapp neben den Pfosten setzte. Herford hatte aber noch nicht genug, packte 25 Sekunden vor Ultimo sogar noch das 2:7 wieder durch Sticha drauf. Das Desaster war perfekt. Die Schlusssirene wirkte wie eine Erleichterung für Mannschaft und das entsetzte Publikum. Und die rote Laterne leuchtet nun warnend am Steigerwald. Wenn es nicht gelingt, den Schalter schnell umzulegen, wird’s richtig eng. Und die Aufgaben werden nun richtig schwer. Am Dienstag gehts zum Derby nach Leipzig, am Freitag kommt der Spitzenreiter, die Hannover Indians, nach Erfurt und am Sonntag gehts zum Uralt-Duell nach Halle. Man mag nach diesem Spiel gar nicht dran denken.
Michael Keller
letzte Änderung: 29.10.2025