Strafen
Erfurt: 8"
Rostock: 8"
Schüsse
Erfurt: 36
Rostock: 31
Tore
Erfurt: R. Kramer, M. Keil, J. Kiss
Rostock: R. Stark
Zuschauer
1400
Die Überzahlmonster
TecArt Black Dragons siegen gegen arg dezimierte, aber sich lange wehrende Rostock Piranhas mit 3:1
Wenn in dieser Eishockey-Saison in der Oberliga Nord beim Aufeinandertreffen mit den TecArt Black Dragons ein Spieler der gegnerischen Mannschaft in die Kühlbox geschickt wird, läuten die Alarmglocken mit maximaler Lautstärke. Denn die Erfurter haben sich inzwischen zum Schrecken der Strafzeit entwickelt. Wenn die Drachen in Überzahl spielen, klingelt es nicht selten. 22 Mal ist ihnen das inzwischen gelungen. Heißt: Platz zwei in der Power Play-Tabelle hinter den Tilburgern. Welch gnadenlose Effizienz die Black Dragons entwickeln, sobald sie numerisch im Vorteil sind, davon konnten sich 1400 Zuschauer am Sonntagnachmittag in der erneut ausverkauften Kartoffelhalle überzeugen. Nur am Rande: es war das sechste Spiel der Drachen in 14 Tagen. Weihnachten inklusive. Welche Mannschaftssportart wartet noch mit solch einer extremen Spieldichte auf? Eishockeyspieler sind Meister der Kondition, des Willens und der Leistungsbereitschaft. Gut eingepackte menschliche Kraftwerke.
Am Ende jubelten die Erfurter. Und das Publikum war versöhnt mit einem Spiel, das zwei Drittel parat hatte, die man nicht als die große Eishockeykunst bezeichnen konnte. Die aber das Herz von tatsächlich rund 20 aus der 350 Kilometer entfernten Ostsee-Metropole mitgereisten Piranha-Fans erwärmte. Wehrte sich doch ihr Rumpfteam von gerade mal 13 Feldspielern mit allem, was es aufzubieten hatte. Mit einem Tor bereits in der 3. Minute, als nach einem verunglückten Drachen-Angriff der Puck zu Reed Stark sprang, der allein Richtung Tor von Patrick Glatzel lief, sich ihm keiner entgegenstellte und er sich dann wohl sagte „Gut, schieß’ ich halt mal“. Peng, 0:1.
Grund genug für die Erfurter, die eine 0:3-Niederlage zwei Tage zuvor in Duisburg zu verarbeiten hatten, mehr Druck aufzubauen. Das Vorhaben scheiterte aber am Ideenmangel, an fehlender Präzision beim Abschluss oder am gegnerischen Torwart Timon Bätge. Beispiel 14. Minute: Fritz Denner schlängelt sich fast elegant durch die Rostocker Abwehr, bleibt dann aber an Bätge hängen. Zwei Minuten später das gleiche Muster. Santeri Haarala bringt den Puck nicht an Rostocks Goalie vorbei. So geht es nach einem ereignisarmen ersten Drittel mit einem 0:1 in die Pause.
Was in der Kabine besprochen wurde, schien aber nicht ins Bewusstsein der Drachen vorgedrungen sein. Das Spiel glich dem aus Durchgang eins. Viel Aufreibendes in der neutralen Zone. Erfurt fand kein Mittel. Die Piranhas beließen es bei gelegentlichen Stichen, wurden zuweilen etwas kecker und prüften Erfurts Schlussmann in der 30. Minute gleich zwei Mal hintereinander. Die Gäste legten das Augenmerk auf das Verengen der Räume, um Erfurt nicht in Schussposition kommen zu lassen. Und hatten damit bis zur zweiten Pause Erfolg. Das Drittel hatte dennoch gleich zwei unrühmliche Höhepunkte parat. In der 36. Minute geriet Linienrichter Maik Preiß in einem Zweikampf auf Höhe der Rostocker Wechselbank zwischen die Fronten und musste anschließend mit einer schmerzhaften Rippenprellung ins Krankenhaus gebracht werden. Schlimmer noch erwischte es Erfurts Stürmer Nils Herzog. Der 21-Jährige bekam einen Schläger ins Gesicht. Die Diagnose im Krankenhaus bleibt abzuwarten.
Das letzte Drittel wurde dann von den Drachen endlich mit mehr Konsequenz angegangen. Und sie spielten ihre schon genannte Überzahlstärke gleich drei Mal aus. In der 46. Minute nutzte Rene Kramer diesen Vorteil. Er packte seinen gefürchteten Hammer aus. Blueliner. Ausgleich. Drei Minuten später. Wieder saß ein Rostocker auf der Strafbank. Das nutzte das Trio Eric Wunderlich, Enzo Herrschaft und Maurice Keil. Im Verband wurde die Defensive der Piranhas geknackt, Keil durfte vollenden. Und weil’s so schön war, legten die Überzahlmonster noch eins drauf. Miro Markkula verfehlte um Zentimeter die offene Torwartecke, aber dann servierte er dem heranstürmenden Joe Kiss die Scheibe passgenau - 3:1 (52.).
Mehr gelang nicht. Rostock konnte seine doppelte Überzahl in der 56. Minute nicht nutzen. Die Piranhas sollten Anschauungsunterricht in Erfurt nehmen, wie man effizient seine Chancen nutzt, wenn man einen Mann mehr auf dem Eis hat. Was Erfurts Coach Sebastian Wolsch freut. Seine extra für Über-, als auch Unterzahl zusammengestellten „Specialteams“ haben es bestens gerichtet. Mit dem Spiel könne er aber nicht zufrieden sein, knurrte er nach dem Abpfiff. Zwei Drittel sei man „lauffaul“ gewesen, wie schon in Duisburg. Wolsch, der seinen Respekt für den aufopferungsvollen Auftritt und den Einsatz der dezimierten Rostocker nicht verhehlte, kritisierte, dass seine Spieler endlich begreifen müssten, „dass jeder in jedem Spiel 100 Prozent geben muss“. Denn leichter wird es nicht. Am Dienstag geht es zum letzten Spiel des Jahres 2025 zum Tabellendritten nach Hannover, zu den Indians. Am zweiten Tag des neuen Jahres kommt der Tabellenzweite aus dem niederländischen Tilburg in die Kartoffelhalle. Zwei Teams, die Nachlässigkeit beim Gegner gnadenlos bestrafen.
Michael Keller
letzte Änderung: 29.12.2025