Strafen
Erfurt: 4"
Leipzig: 10"
Schüsse
Erfurt: 36
Leipzig: 28
Tore
Erfurt: M. Markkula (2x), L. Postel, R. Kramer, J. Kiss, C. Seto
Leipzig: C. Bassen
Zuschauer
1400
Schwarze Furien - ein vorweihnachtlicher Albtraum
TecArt Black Dragons fegen mit der besten Leistung seit Jahren die Icefighters aus Leipzig mit 6:1 vom Eis
Wo soll man anfangen bei diesem Spiel mit so vielen Höhepunkten und Superlativen? Mit den Jubiläen? Dem grandiosen Spiel der Hausherren? Der Hilflosigkeit der Gäste? Dem frenetischen Publikum - das eine Premiere für die Kartoffelhalle herzauberte - die ca. 100 leidtragenden Leipziger Fans einmal ausgenommen, die am Vorweihnachtsabend den Trip nach Erfurt mit Hoffnung angetreten hatten, hier ein schöne Bescherung durch ihre Cracks zu erleben? Einer La Ola-Welle, eckig halt, der Form des Baues geschuldet? Egal. So etwas hatte es hier, so glauben sich hartgesottene Eishockeyfans in Erfurt zu erinnern, noch nie gegeben. Dieser Abend sollte Erfurts treuem Publikum der schnellsten Mannschaftssportart der Welt eine Demonstration von Willensstärke, Kreativität, Durchsetzungsvermögen und Spielfreude als vorweihnachtliches Geschenk bereiten, an das man noch lange denken wird.
Die Drachen - wir nehmen es vorweg - haben die Icefighters aus Leipzig mit 6:1 aus der Kartoffelhalle zurück in die Sachsenmetropole geschickt. Wobei, der Name Icefighters (Eiskämpfer), trifft es nicht. Die Sachsen ergaben sich angesichts der thüringischen Wucht und Kraft mit lediglich zaghafter Gegenwehr ihrem Schicksal und verloren in der aktuellen Saison nun schon zum dritten Male gegen den Erfurter Kontrahenten. Und das wieder mit fünf bzw. sechs Toren. War vor der Begegnung nicht unbedingt zu erwarten. Schließlich traf hier der Siebente auf den Achten. Und beide Teams sind von den Play off-Plätzen noch ein ganzes Stück entfernt. Durchsetzungswille war also angesagt, um den Anschluss nicht ganz zu verlieren.
Die Leipziger hatten zuletzt zu Hause 4:6 gegen Herford verloren, Erfurt in Herne 5:3 gewonnen. Beide Mannschaften hängen irgendwie im Mittelfeld fest. Also hieß es am Vorweihnachtsabend Farbe bekennen, um die Play Off-Chance am Leben zu halten und drei Jubiläen nach Möglichkeit zu krönen. Der immer stärker werdende Goalie Patrick Glatzel stand zum 50. Mal im Drachenkasten. Niklas Jakob hingegen brachte es an diesen Abend auf 200 Profieinsätze. Und Enzo Herrschaft, der Ur-Erfurter im Team der TecArt Black Dragons, stand gar zum 350. Mal für seinen Herzensverein auf dem rutschigen Untergrund der Kartoffelhalle. Mit neun Jahren haben ihn seine Eltern erstmals aufs Eis geschoben, nachdem es mit der Karriere beim FC Rot-Weiß nicht so recht voranging. Und dann hat sich dieser spätstartende 1,90-Meter-Koloss Stück für Stück in das Drachen-Team hineingearbeitet. Mit Beharrlichkeit und eisernem Willen. Heute ist er der Kapitän der Drachen und geht voran. Wovon man sich beim Spiel gegen Leipzig überzeugen konnte.
Der 25-Jährige musste sich erstmal schütteln. In der fünften Minute flutscht der Puck - Absender: Chad Bassen - ins Erfurter Tor. Aber egal: Visier runter und drauf. 1:1 in Minute acht. Miro Markkula trifft. Das Spiel: temporeich, aber wenig präzise. Vieles versandet. Wurscht. 2:1 - 16. Minute. Sorte: „Aus heiterem Himmel“. Nils Herzog gewinnt das Bully, Puck springt zu Louis Postel. Und der haut die Scheibe seinem ehemaligen Mannschaftskameraden Konstantin Kessler, der seine Brötchen nun in Leipzig verdient, ins Netz. Aus spitzem Winkel über die Fanghand. Klarer Torwartfehler. Egal. Der Sturm ist noch nicht vorbei. Erfurts Drachen: wie in Trance. 44 Sekunden vor der Pausensirene liegt der Puck im Tor. Enzo Herrschaft hatte herrlich vorgearbeitet, sich irgendwie mit Macht hinterm Tor durchgewurschtelt, Zuspiel auf Nils Herzog - Tor. Nein. Die Referees entschieden nach langem Studium der Videobilder auf „illegales Schlittschuhtor“. Schade für Enzo Jubiläum.
Drittel zwei. Zeit, etwas nachzuholen. 3:1 in der 21. Minute. Zick-zack drin. Routinier René Kramer wackelt Keßler aus. Weiter ging die wilde Hatz. 4:1 - ein herrliches Überzahl-Tor (29.). Kramer auf Markkula auf Joe Kiss. Eher einer der Icefighters reagieren konnte, lag der Puck im Netz. Spiellust pur zu diesem Moment. Danach immer wieder kollektiv-konzentriertes Anrennen. Leipzig bekam in der Phase keinen Zugriff auf das wirbelwindige Erfurter Spiel. Immer wieder gefährliche Situationen. Und kaum nennenswerte Leipziger Gegenwehr. Keiner der 1400 Zuschauer in der ausverkauften Halle hatte zu dem Zeitpunkt das Gefühl, dass hier noch etwas kippen könnte. Zu Untermalung legte Miro Markkula mit dem 5:1 (35.) nach. Leipzigs Abwehr - nur Statisten.
Letzter Abschnitt. Wer geglaubt hätte, Leipzigs Icefighters würden nun das Visier runterklappen und auf Alles oder Nichts gehen, sah sich getäuscht. Nichts ging. Dafür lief es bei den Drachen wie geschmiert. Erfurt wollte Tore schießen, Leipzig resignierte. Und ließ die Zugbrücke runter. 6:1 Erfurt, vor voller Bude. Teamwork mit Schleifchen. Erfurts Überzahl-Monster hatte wieder zugeschlagen. Eine Dreier-Truppe langte zu. Seto auf Kramer auf Markkula - 6:1. Zeit für die La Ola-Welle. Wann gab es das schonmal in dem alten Blechkasten? Noch nie, sagen die Alten.
„Die schwarzen Furien aus Erfurt“ haben ihren Gegner erbarmungslos an die Wand genagelt. Ein Debakel für Leipzig, das zuweilen schwindelig gespielt wurde und das mit dem 1:6 noch gut bedient war. Leipzigs Trainer Christopher Straube lobte die Drachen, kündigte an, „ein bisschen lauter zu werden mit die Jungs“. Erfurts Headcoach Sebastian Wolsch hatte hingegen endlich von seinen Cracks gesehen, was er sich so vorstellt. Heißt: gute taktische Umsetzung, kreatives Spiel, Klarheit im Kopf „Alles hat gepasst“, so Wolsch. Es sei das Spiel gewesen, „wie ich es immer sehen möchte“. Man habe ihm so ein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht.
Nicht nur ihm. So beseelt sah man Erfurts Eishockeypublikum in den letzten Jahren selten nach Hause gehen. Frohes Fest. Weihnachten kann kommen. Und das nächste Spiel. Am zweiten Feiertag beim nur vier Punkte entfernten Tabellensechsten Duisburg. Bevor am Sonntag die Rostock Piranhas um 16 Uhr zum vorletzten Spiel des Jahres in Erfurt anrücken.
Michael Keller
letzte Änderung: 24.12.2025