Schüsse
Halle: 26
Erfurt: 24
Strafen
Halle: 10"
Erfurt: 6"
Tore
Halle: S. Stas, A. Beslé, T. Gams, R. Hechtl
Erfurt: A. Reed (2x), S. Haarala (2x), J. Kiss
Zuschauer: 1450
Drachen siegen bei den Saale Bulls in Halle in der Overtime 5:4 und stehen nun in der Tabelle vor dem Rivalen
Ja so ist das. In Erfurt hält sich die Kartoffelhalle für die Black Dragons seit über 30 Jahren in mehr oder minder klapprigem Zustand auf den Beinen. Bei den Saale Bulls in Halle wird der moderne Eisdom, der nach dem Saale-Hochwasser 2013 nur ein Jahr später für 23 Millionen Euro (!) neu hingesetzt wurde, inzwischen schon wieder umgebaut und aufgepeppt. Daher spielt man in der Saison an der Lilienstraße in der Nachbarschaft behelfsmäßig in einem Zelt, das auf dem Buna-Sportplatz aufgebaut wurde. Aber als wäre diese Ausweichstätte für die Bulls ein schlechtes Omen, finden sich die Hallenser derzeit in Tabellenregionen wieder, für die sie eigentlich keine Verwendung haben. Vor dem freitäglichen Spiel gegen die Erfurter TecArt Black Dragons Drittletzter, nach dem Spiel Vorletzter. Platztausch mit Erfurt.
Es war eines jener Treffen, die gern zum Sechs-Punkte-Spiel deklariert werden. Zwar ist der Abstieg ausgeschlossen, aber man möchte schon wenigstens in die Pre Play Offs kommen, um die Anhängerschaft nicht allzu sehr zu enttäuschen. Das gilt für beide Teams gleichermaßen. Die Bilanz sprach allerdings klare Bände. Von bisher 63 Begegnungen fuhr Halle 45 Mal als Sieger vom Eis. Diesmal nicht, weil das zeitweise kurios anmutende Spiel lange nicht wusste, in welche Richtung es sich entwickeln sollte.
Drachen-Coach Robert Hoffmann konnte an der Saale auf eine fast volle Kapelle mit 19 Akteuren - darunter sechs ehemalige Hallenser - zurückgreifen, sein Gegenüber Marko Raita hatte nur 14 Mann zur Verfügung. Hoffmann verlangte, das Team müsse von Anfang an auf Toplevel sein und nicht gleich in der Startphase unter die Räder zu kommen. Er erwartete ein kämpferische und leidenschaftliches Derby. Raita indes setzte auf energische Abwehrarbeit. „Die Defensive gewinnt das Spiel“, war der Finne sicher. Sollte aber vielleicht auch die zahlenmäßige Überlegenheit des Erfurter Kaders für den Spielausgang maßgeblich werden? Letzteres kann verneint werden. Halles Defensivverhalten wird seinen Trainer indes nicht unbedingt begeistert haben. Und Hoffmanns Wunsch, nicht gleich ins Hintertreffen zu gelangen, erfüllte sich.
Die ersten 20 Minuten kann man getrost als „zerfahren und hibbelig“ bezeichnen. Keines der beiden Teams kam zu klaren Aktionen. Viel Gefummel auf beiden Seiten. Doch dann schlug es in der 11. Minute im Kasten der Bulls ein. Überzahl Erfurt, Andris Dzerins bedient den am langen Pfosten lauernden Harrison Reed - 0:1. Nur 15 Sekunden brauchten die Erfurter, um aus ihrer numerischen Überzahl Kapital zu schlagen. Manch einer der Drachen war wohl noch zu sehr mit der Freuerei beschäftigt, als im direkten Gegenzug nach dem Anstoß Sergej Stas viel zu frei zum Schuss kommt. Und weil die Vorderleute nicht mitspielen, war auch Keeper Patrick Glatzel irgendwie in eine Art Winterstarre verfallen. Und schon stand es 1:1. Zwei Spielzüge und nur 12 Sekunden nach dem Erfurter Tor war es passiert.
Wiedergutmachung hätte dann Enzo Herrschaft (14.) betreiben können. In Unterzahl Scheibe stibitzt, ab durch die Mitte, trifft aber nicht das Tor, sondern Halles Keeper Kai Kristian. Beleg auch dafür, dass das Spiel bei beiden nun aufgeweckter war. Dennoch gab es viel zu viele Fehlpässe, schlechte Puckannahmen, Stockfehler. Bei beiden Teams, wohlgemerkt. Kurz vor der Pausensirene hätte Tom Banach die erneute Führung erzielen können. Tat er aber nicht. Schmalhans blieb Küchenmeister. Nur 9:8 Torschüsse in Drittel eins. Das sagt viel.
In Drittel zwei traten die Gäste giftiger auf, aber die ersten Möglichkeiten hatten die Bulls. Glatzel war nun aber wach und auf der Hut. Dennoch bekamen die Hallenser vor dem Tor zuweilen zu viel Platz, nutzten den aber nicht. Peng! 27. Minute Penalty. Erik Hoffmann hatte dem durchgebrochenen Santeri Haarala von hinten einen Stockschlag verpasst. Der kleine Finne nutzt die Chance aber nicht, Kristian bekam ein Bein dazwischen. Zweimal war es dann wiederum Erfurts Torwart, der mit Glanzparaden einen Rückstand verhinderte. In der 30. war er aber geschlagen. Aaron-Pelle Beslé schiebt ihm den Puck mittig durch die Matratzen - 2:1.
Der Schock hatte zum Glück nicht lange Wirkung. 31. Minute Strafe Bulls. 53 Sekunden Überzahlspiel reichen den Drachen. Haarala trifft zum Ausgleich. 35. Minute - wieder Penalty. Diesmal für Halle. Eine harte Entscheidung, aber Etu Elo kann das Geschenk nicht nutzen, weil Glatzel im Tor nicht gewillt war, die Scheibe passieren zu lassen. Unglaublich, in der 36. Minute dennoch die erneute Bulls-Führung. Timo Gams der Torschütze. Nein, das wird nicht das Pausenergebnis, dachten sich die Männer im weißen Drachen-Dress. 3:3 in der 37. Minute - eine Dreierkooperation. Zimmermann auf Reed, der zieht den Puck vors Tor und Joe-Richard Kiss hält einfach den Schläger in die Flugbahn - drin.
Das kanns noch nicht gewesen sein - Dachte sich wohl Erfurts kleinster Finne. Andris Dzerins servierte ihm 48 Sekunden vor der Pause den Puck aus dem Bully nach hinten durch die Beine gespielt und Santeri Haarala hielt einfach drauf - 3:4. Raffinierte Variante.
Im dritten Durchgang war das Umchecken eines der Hauptschiedsrichter durch zwei um den Puck kämpfende Cracks der erste Aufreger. Dann war Patrick Glatzel der Mittelpunkt des Geschehens. Vier Glanzparaden in Folge brachten die 1450 Zuschauer - darunter etwa 200 aus Erfurt im kleinsten Gästeblock des deutschen Eishockeys - zum Aufstöhnen. In der 55. Minute musste aber auch Glatzel passen. Robert Hecht konnte wie das Messer durch die Butter durch das Erfurter Drittel fahren. Vier Drachen, die er wie Slalomstangen stehen ließ, sahen staunend zu wie er zum 4:4 traf. Passiert ist dann nicht mehr viel - Overtime.
110 Sekunden im Drei gegen Drei sind gespielt, da bestrafen drei Drachen einen Zuspielfehler der Bulls gnadenlos, haben nur einen hilflosen Hallenser Gegenspieler vor sich. Haarala passt nach rechts, der mitgefahrene Reed hämmert die Scheibe über den am Boden querliegenden Hallenser Verteidiger ins rechte obere Eck. Maßarbeit. Muss man erstmal draufhaben. Zwei wichtige Punkte wurden so letztlich auf der Habenseite verbucht und mit Halle die Plätze getauscht. „Solche Spiele hätten wir noch vor Wochen verloren“, sieht ein erleichterter Drachentrainer Hoffmann eine Entwicklung in seinem Team. Man sei im Kopf und auch körperlich stärker geworden, findet er.
Der Rückstand auf Duisburg beträgt nun nur noch einen Zähler. Um den Play-offs nicht frühzeitig adé sagen zu müssen, hat man noch 14 Spiele die Möglichkeit, sich zu qualifizieren. Schon am Sonntag um 18.30 Uhr in Herford, beim Tabellenfünften.
letzte Änderung: 05.01.2025